So bringt man Elternzeit und Börse unter einen Hut

Im HOSENMATZ-Interview:
Dr. Carmen Mayer

Die Inflation auf dem Immobilienmarkt stellt junge Familien gerade vor unlösbare Herausforderungen: Selbst zwei gute Gehälter bei großen Konzernen reichen nicht aus, wenn man sich den Traum vom Eigenheim erfüllen möchte. Und aus den deutschen Metropolen aufs Land zu ziehen, ist oft auch keine Option, weil die Arbeit ruft. Vor genau diesem Problem stand vor vier Jahren auch Dr. Carmen Mayer. Die promovierte Biochemikerin entschied sich daher, an die Börse zu gehen, startete vorsichtig mit 2.000 Euro und einem Kleinkind zu Hause. Nach hunderten verschlungenen Büchern fand sie ein System, das für sie als Mutter gut funktionierte. Heute hat sie zwei Häuser in Bayern, ein deutlich sechsstelliges Depot – und macht rund 40 Prozent Plus im Jahr. 

Dr. Carmen Mayer

1. Was sollte eine Mutter, die jetzt an die Börse gehen will, unbedingt tun und was unbedingt vermeiden? 

Zuerst sollte eine Mutter sich eine gute Übersicht über ihre Finanzen verschaffen. Ordnung und Klarheit sind hier enorm wichtig. Das bedeutet, aufschreiben, welches Vermögen, welche Einnahmen und welche Ausgaben man hat – Cash, Lebensversicherungen, Bausparvertrag, Riester-Rente, Einkommen, Immobilien, Kredite etc. 

Im nächsten Schritt rechnet man sich aus, wieviel man im Monat zum Leben braucht, und legt einen Notgroschen an, der für ca. vier bis sechs Monate reicht. Dieser wird auf ein Tagesgeldkonto gelegt und nur angefasst, wenn ein Einkommen wegfällt. Das restliche Vermögen kann investiert werden. 

Jetzt aber bloß nicht überstürzt und unüberlegt Aktien kaufen, weil irgendjemand aus dem Bekannten- und Freundeskreis es für eine tolle Geldanlage hält.

Machen Sie sich erst klar, wo Sie hinwollen. Was sind die Ziele fürs Investieren? Was wollen Sie erreichen? Wollen Sie für die Rente vorsorgen, für einen größere Anschaffung oder eine Weltreise sparen oder die finanzielle Freiheit erreichen? Was können Sie monatlich für Ihre Ziele sparen? Diese Klarheit ist wichtig und auch wegweisend. 

Erst dann geht es an die Börse. Beschäftigen Sie sich zunächst mit den unterschiedlichen Anlageformen, wie z.B. Aktien und ETFs, und suchen Sie sich die heraus, die zu Ihnen passen. Je nach Anlageform sucht man sich dann sorgfältig die passenden Produkte aus. 

Setzen Sie nicht alles auf eine Karte. Diversifizieren Sie: 5-10 gute Unternehmen reichen hier aus. Überlegen Sie sich genauso, wie Sie sich verhalten werden, wenn die Kurse einmal sinken, es zu Korrekturen oder gar einem Börsencrash kommt. Die Kurse schwanken, und dessen muss man sich bewusst sein. Wenn man sich allerdings seine Positionen sorgfältig ausgesucht hat, weiß man, welche Unternehmen man gekauft hat und welchen Einfluss die aktuelle Situation auf das jeweilige Geschäftsfeld haben kann. Wenn man die Regeln der Börse kennt und beherrscht, kann man auch in Krisenzeiten besonnen und ruhig agieren. 

2. Was raten Sie einer Unternehmerin, die jetzt in dieser unsicheren Zeit zu Ihnen kommt und ein bisschen mehr anlegen möchte als nur einen vierstelligen Betrag? 

In meinen Coachings und Mentorings erkläre ich immer wieder, dass man nichts überstürzen soll. Investieren Sie nicht alles auf einmal – egal wie viel Geld vorhanden ist und auf dem Konto liegt. Wenn man noch nie an der Börse gehandelt hat, ist es sehr ratsam, mit einem kleinen Betrag zu beginnen. Das ist je nach Vermögen 2.000 Euro bis 15.000 Euro – eben nur so hoch, wie man sich noch wohlfühlt. Schritt für Schritt kann dann der Betrag monatlich erhöht werden. Man gewöhnt sich an die Börse und ans Investieren. Man muss nichts überstürzen. Wenn man 30 oder 40 Jahre nicht investiert hat, kann und sollte man sich auch Zeit zum Wachsen und Lernen geben. 

3. Welche Investitionen sind Ihrer Meinung nach lohnenswert? 

Es lohnt sich, in Unternehmen zu investieren, die solide Gewinne machen und deren Gewinne optimalerweise von Jahr zu Jahr wachsen. Das gibt Sicherheit, denn an wachsenden Gewinnen ist noch keine Firma zugrunde gegangen.

Suchen Sie nach Unternehmen, deren Produkte Sie verwenden oder die aus Branchen kommen, die Sie kennen und verstehen. Damit haben Sie schon ein grundsätzliches Verständnis davon, wie das Unternehmen sein Geld verdient und die Branche funktioniert. Das ist mehr wert, als Sie im ersten Moment vermuten. Es wird Ihnen helfen, die Entwicklung des Unternehmens und seines Aktienkurses leichter mitzubekommen, zu verstehen und einzuschätzen. Fragen Sie sich ebenso, wie der Aktienverlauf der letzten fünf bis zehn Jahre war. Wie hat sich das Unternehmen entwickelt? Von wem wird es geführt? Wie sieht die Zukunft des Unternehmens aus? Wird das Produkt auch in Zukunft gebraucht? Das sind Fragen, die nicht schwer zu beantworten sind, aber sehr helfen, eine gute Entscheidung zu treffen. 

Ein großer, nicht zu verachtender Vorteil des Investierens an der Börse ist ja auch, dass Aktien, ETFs und Anleihen Anlagevermögen sind. Im Falle einer Bankenpleite bleiben diese in der Hand des Eigentümers. Außerdem bieten klassische Formate wie Tagesgeldkonten oder Sparbücher keine Rendite mehr. Es ist wichtiger denn je, sich um seine Finanzen und ums Investieren zu kümmern. Nur so holen Sie das Beste aus Ihrem Vermögen raus und können sich schneller Ihre Wünsche und die Ihrer Familie erfüllen.

4. Werden Sie Ihren Kindern auch ans Herz legen, an die Börse zu gehen?

Unbedingt! Ich habe für meine zwei kleinen Kinder auch ein eigenes Broker-Konto eröffnet. Wenn sie 18 Jahre alt sind, geht es in ihre Hände. Zum ersten Geburtstag haben wir unserer kleinen Tochter z.B. eine Amazon-Aktie für 1700 $ gekauft. Heute steht sie bei über 3000 $. Wir schreiben jedes Jahr den neuen Wert auf. So lernen Kinder ganz spielerisch, dass Geld auch für sie arbeiten und sich vermehren kann. Das ist einfach schön zu sehen, ohne Druck und Hektik.

Vielen Dank für das Interview. 💖

Bilddaten: © unsplash Emma Matthews, © Dr. Carmen Mayer