In der aktuellen Corona-Krise sind Familien lange und ununterbrochen zusammen, oft beengt und ohne Privatsphäre. Für viele ist das eine schwierige Situation, für Kinder und Frauen steigt das Risiko, in den eigenen vier Wänden misshandelt und missbraucht zu werden.

Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und sein Team haben  die Website www.kein-kind-alleine-lassen.de gestartet. 

Hier finden Kinder und Jugendliche direkten Kontakt zu Beratungsstellen und auch Erwachsene bekommen Informationen, was sie bei sexueller und anderer familiärer Gewalt in der Corona-Krise tun können. 

„Mit der Aktion „Kein Kind alleine lassen“ verbinde ich den dringenden Appell an die Bevölkerung, in der aktuellen dramatischen Situation Kinder nicht aus den Augen zu verlieren“, sagt der Missbrauchsbeauftragte. „Wir geben mit der Website den Menschen die Möglichkeit aktiv mitzuhelfen. Auf der Seite sind neben Infos und weiteren Weblinks auch Flyer und Plakate zum Ausdrucken. Wir wollen klarmachen: Schon das Aufhängen eines Flyers im Hausflur kann helfen, die Nachbarschaft daran zu erinnern, sich um Kinder und Jugendliche aus dem eigenen Umfeld zu kümmern und aufeinander aufzupassen.“

Die Aktion „Kein Kind alleine lassen“ ist eine Reaktion auf die begründeten Sorgen und erschütternden Berichte über die Zunahme von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen in der aktuellen Krise. Zuletzt hatte der UN-Generalsekretär António Guterres vor einer „schrecklichen Zunahme“ familiärer Gewalt während der Corona-Pandemie gewarnt. Das Risiko ist auch deshalb sehr hoch, weil Bereiche, in denen sonst die Möglichkeit besteht, dass innerfamiliäre Gewalt bemerkt wird (in Schulen und Kitas, bei Tagesmüttern, in Sportvereinen) in der momentanen Situation wegfallen. Besonders tragisch: Erste Rückmeldungen von Beratungsstellen zeigen, dass Anrufe eher rückläufig sind. Die Erklärung der Expert*innen: Von Missbrauch und anderer Gewalt gefährdete oder betroffene Kinder können nicht unbeobachtet telefonieren, wenn Täter und Täterinnen ganztägig zuhause sind. Auch deshalb ist ein Online-Angebot wie www.kein-kind-alleine-lassen.de zur Zeit der richtige Weg, um Kinder und Jugendliche zu erreichen. 

„Bitte passt aufeinander auf.

Wir sind für dich da, wenn du dir Sorgen machst.

Um Kinder und Jugendliche.

Um Familien, Nachbarn,

Freundinnen und Freunde. Um dich selbst.“

Hier findest du Hilfe:

FÜR KINDER UND JUGENDLICHE

Nummer gegen Kummer
Tel: 116 111
Mo – Sa 14 – 20 Uhr
Mo, Mi, Do 10–12 Uhr
www.nummergegenkummer.de
(auch per Chat und Mail erreichbar)

Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
Online Beratung für Jugendliche
www.jugend.bke-beratung.de

Jugendnotmail
www.jugendnotmail.de

FÜR ERWACHSENE

Bundeskonferenz für Erziehungsberatung
www.eltern.bke-beratung.de

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen
Tel: 08000 116 016
Rund um die Uhr | In 17 Sprachen
www.hilfetelefon.de

Hilfetelefon tatgeneigte Personen
Tel: 0800 70 222 40
www.bevor-was-passiert.de

Medizinische Kinderhotline
Für Angehörige der Heilberufe
bei Verdachtsfällen der Kindesmisshandlung
Tel: 0800 19 210 00
Rund um die Uhr
www.kinderschutzhotline.de

Elternsein Info
Hilfe und Beratung für Schwangere und Eltern mit Kindern bis 3 Jahre
www.elternsein.info

 

Das kannst du tun!

Diese Tipps und Strategien könnten helfen, wenn du dir Sorgen um ein Kind und seine Familie machst:

 

Aufmerksam sein

Verschließe Augen und Ohren nicht, spreche mit anderen Nachbar*innen oder Menschen, die mit dem Kind, um das du dir Sorgen machst, zu tun haben.

Bleibe ruhig

Denke zuallererst an das Kind und mache deinem Ärger nicht ungebremst Luft. Spreche die Person, von der du denkst, dass sie einem Kind (sexuelle) Gewalt antut nicht auf den Verdacht an. Das kann zu einer Eskalation zulasten des Kindes führen. Das Kind muss geschützt sein, bevor eine verdächtigte Person davon erfährt. Sonst besteht das hohe Risiko, dass er oder sie das Kind unter Druck setzt und damit verhindert, dass es mit jemandem spricht. Das gilt leider auch für Menschen aus der eigenen Familie.

Lass dich beraten

Wenn du unsicher bist, rufe eine Beratungsstelle an und lasse dich beraten, was du tun sollst – kostenfrei und auf Wunsch anonym.

Jugendamt und Polizei

Nimm Kontakt zum örtlichen Jugendamt auf, wenn du befürchtest, dass ein Kind akut Opfer von (sexueller) Gewalt wird. Die Jugendämter sind auch in der aktuellen Situation erreichbar.

Rufe die Polizei, wenn du glaubst, dass Leib und Leben eines Kindes in Gefahr sind.

Versuche Streit zu unterbrechen

Wenn du als Nachbar*in einen Streit nebenan mitbekommst oder Lärm hörst, der nach Gewalt klingt, könntest du versuchen, den Streit zu unterbrechen. Aber gefährde dich nicht selbst, indem du zu schlichten versuchst. Klingel an der Tür und bitte beispielsweise um etwas Salz oder zwei Eier. Häufig reicht das schon. So wird klar, dass jemand die Situation bemerkt, dass noch soziale Kontrolle da ist.

Halte Kontakt

Wenn du von Freund*innen oder Bekannten weißt, dass es familiäre Probleme gibt, könntest du versuchen, den Kontakt zu halten, telefonisch, um rauszuhören, wie die Situation ist.

Mache auch andere auf Hilfsangebote aufmerksam

Drucke  Flyer oder Plakate aus und hänge sie im Hausflur auf. Oder in deiner Praxis, im Supermarkt, in der Drogerie oder Apotheke. Du kannst auch Nachbar*innen, bei denen du die Vermutung hast, dass es dort familiäre Probleme gibt, einen Flyer in die Hand drücken, mit der Ausrede: „Ich habe von denen heute so viele bekommen. Ich gebe dir auch mal einen.“

Unterstützen auch du die Initiative!

„Wir lassen kein Kind alleine. Unterstützen auch Sie unsere Initiative! Schreiben Sie uns, wie Sie geholfen haben. Schicken Sie uns Fotos, wie Sie den Flyer oder die Plakate verbreitet haben oder mit welchen Aktionen Sie helfen. Ihre Aktion werden wir hier auf der Seite teilen.
Kontakt: kontakt(at)kein-kind-alleine-lassen.de

Gemeinsam gegen Missbrauch

Bild- Textdaten ©unsplash, ©Kein Kind alleine lassen