Kleiner Pieks, große Angst – Hilfe bei Spritzenphobie
Wenn bereits der Gedanke an eine Impfung oder Blutabnahme beim Arzt Angstgefühle, manchmal sogar richtige Panik auslöst, kann eine Trypanophobie, auch Spritzenphobie genannt, die Ursache sein. Zwar sind insgesamt nur etwa drei Prozent der Bevölkerung betroffen. Unter Kindern und jungen Erwachsenen ist die Spritzenphobie jedoch bei rund 20 Prozent verbreitet. Ursachen, Ratschläge zur Vorbereitung auf einen Impf- oder Blutabnahmetermin sowie Therapiemöglichkeiten kennt Carsten Sellmer, Gesundheitsexperte der IDEAL Versicherung.
Ursachen und Symptome
Menschen sind grundverschieden. Und genauso vielfältig können auch die Ursachen für eine Spritzenphobie sein. „Häufig gehen solche Ängste auf Erlebnisse und Erfahrungen in der Kindheit zurück“, weiß Carsten Sellmer. Möglich ist beispielsweise, dass auch Eltern oder Bezugspersonen solche Ängste haben. Kinder übernehmen dann oft bekannte Verhaltensmuster. Aber auch die Tatsache, dass ein Fremder einem Kind mit einer Spritze weh tut und die Eltern nichts dagegen unternehmen, kann beim Nachwuchs eine Spritzenphobie auslösen. Selbst im Erwachsenenalter können sich solche Ängste entwickeln – etwa, wenn eine Blutabnahme besonders schmerzhaft verlaufen ist und sich daraufhin eine Schwellung oder ein Bluterguss gebildet hat oder der Patient tagelang unter Schmerzen im Arm leidet. „Doch nicht jede Angst vor einer Spritze ist gleich eine Phobie. Eine gewisse Anspannung vor dem Einstich ist völlig normal“, weiß der Gesundheitsexperte. Körperliche Reaktionen wie Schwindel, Schweißausbrüche, Blässe oder Ohnmacht sind dagegen klare Symptome einer Spritzenphobie. „Bei derartigen Angstzuständen reagiert der Körper ungewöhnlich stark: der Blutdruck sinkt und der Herzschlag verlangsamt sich. Das kann sogar dazu führen, dass der Kreislauf kollabiert“, erklärt Sellmer. Um sich ihrer Angst nicht aussetzen zu müssen, verzichten Betroffene daher häufig auf Arztbesuche und sagen wichtige Impftermine, Operationen oder Blutuntersuchungen ab. „Das kann ernste gesundheitliche Risiken mit sich bringen“, mahnt der IDEAL-Experte.
Mit der richtigen Vorbereitung Angst und Schmerzen minimieren
Das Beherzigen kleiner Tipps kann helfen, die Angst zu überwinden – nicht immer ist gleich eine Therapie notwendig. Sellmer rät beispielsweise, vor dem Einstich tief einzuatmen und die Luft anzuhalten. Dadurch steigt der Blutdruck und die Herzfrequenz sinkt. Das wiederum stimuliert bestimmte Rezeptoren und führt zu einer geringeren Schmerzwahrnehmung. Wer Probleme mit Ohnmacht hat, kann mit progressiver Muskelanspannung seinen Körper vorbereiten: Dabei gilt es, für etwa 15 Sekunden alle Muskeln anzuspannen und sie anschließend für ungefähr 30 Sekunden nach und nach zu entspannen. „Diese Übungen erhöhen den Blutdruck und sorgen dafür, dass er nicht so schnell abfällt und zur Ohnmacht führt“, erklärt der IDEAL-Gesundheitsexperte. Wer zur Ohnmacht neigt, sollte sich zudem unbedingt im Liegen spritzen lassen. Auch Ablenkung kann manchmal hilfreich sein – etwa, indem man mit der Ärztin oder dem Personal ein Gespräch beginnt und auf keinen Fall auf die Einstichstelle blickt. Die Augen schließen und sich an etwas Schönes erinnern kann ebenfalls ablenken. „Grundsätzlich sind – egal bei welcher Art von Ängsten – spezielle Atemtechniken empfehlenswert. Diese sollten jedoch regelmäßig geübt werden, um sie im Ernstfall auch anwenden zu können“, weiß Sellmer. Gut geeignet ist etwa die Bauchatmung, das heißt: Beim Einatmen werden die Bauchmuskeln herausgeschoben, beim Ausatmen ziehen sie sich wieder hinein.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Doch nicht immer lässt sich die große Angst mit Atemtechniken oder Ablenkung lindern. Hat sich die Spritzenphobie bereits in der Kindheit entwickelt und beruht auf traumatischen Erlebnissen, empfiehlt sich eine kognitive Verhaltenstherapie. „Bei einer solchen Therapie werden Angstpatienten Schritt für Schritt ihrer Angst gegenübergestellt“, erklärt der Gesundheitsexperte. „Anfangs werden sie in Begleitung des Therapeuten mit Bildern konfrontiert, später dann beispielsweise mit Filmen, bis die Betroffenen so weit sind, dass ihnen beispielsweise Blut abgenommen werden kann.“ Auch eine Hypnose kann sinnvoll sein. Im Trance-Zustand werden Patienten mit der Spritze beziehungsweise einer Situation, bei der gespritzt wird, konfrontiert. Das kann dazu führen, dass die starke Angst nachlässt und neue Denkmuster gefördert werden.
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Textdaten: Carsten Sellmer, Gesundheitsexperte der IDEAL Versicherung