Kinder brauchen Bewegung

Sich viel bewegen, draußen herumtollen, die eigenen körperlichen Fähigkeiten austesten – das war noch vor 20 Jahren für Kinder eine Selbstverständlichkeit. In der heutigen Zeit ist die Situation anders. Die Lebenssituation von Heranwachsenden hat sich im Zuge gesellschaftlicher Veränderungen (Veränderungen des Lebensstils) entscheidend gewandelt. 

  • Kinder finden immer weniger Spiel- und Bewegungsräume vor, in denen sie ihre Bewegungsbedürfnisse spontan und gefahrlos ausleben dürfen. 
  • Kinder beschäftigen sich immer mehr statisch passiv sitzend mit den multimedialen Angeboten einer Spiel- und Informationstechnologie.
  • Kinder haben immer weniger Spielpartner, sie spielen häufig allein.
  • Kinder werden durch verunsicherte und in ihrem Erziehungsverhalten zur Überbehütung neigende Erwachsene in ihrem spontanen Spiel- und Bewegungstrieb immer mehr eingeschränkt. 

Das Auto und der Verkehr drängen Kinder aus ihren informellen Spielräumen zunehmend heraus. Diese Entwicklung führt wiederum dazu, dass Kinder stärker an die Wohnung als Spielbereich gebunden werden. Computerspiele und ein hoher Video- und Fernsehkonsum sorgen zusätzlich dafür, dass Kinder ihre natürliche Beziehung zu Bewegung, Spiel und Sport sehr beschränkt ausformen. Sie sind kaum noch körperlich aktiv, werden mit optischen und akustischen Reizen einseitig überflutet. Häufig übernimmt das Fernsehen die Rolle der Spielkameraden, ja sogar in Extremfällen die Rolle des Erziehers. Die Kinder werden zu Stubenhockern – und das in einem Alter, in dem entscheidende wachstums- und reifungsbedingte Veränderungen des Muskel-, Skelett- und Nervensystems ihre Entwicklung prägen. 

Diese Auffälligkeiten manifestieren sich im weiteren Entwicklungsverlauf sehr schnell in Lernstörungen in der Schule, Haltungsstörungen, Wahrnehmungs- und Koordinationsstörungen, emotional-sozialen Störungen, Verhaltensstörungen. Neuere Erkenntnisse bestätigen darüber hinaus die Zusammenhänge zwischen ungenügender Bewegungskontrolle und zunehmender Unfallhäufigkeit im Kindergarten- und Grundschulalter. Viele Stürze sind auf ungenügende Körper- und Bewegungserfahrungen, insbesondere mangelndes Gleichgewicht, viele Zusammenstöße auf geringe Reaktionsfähigkeit und die Unfähigkeit zurückzuführen, eigene Bewegungen mit denen anderer zu koordinieren. Selbst bei kleinen Stürzen kommt es dadurch häufig zu schlimmen Verletzungen. Weil sich Kinder bei Stürzen nicht rechtzeitig mit den Armen abfangen können, fallen sie nicht selten hart auf den Kopf und ziehen sich Platzwunden zu. 

Es gilt als wissenschaftlich anerkannt, dass vielfältige Bewegungsanlässe den Prozess des Heranwachsens positiv beeinflussen. Bewegungsmangel dagegen ist ein entscheidender Ursachenfaktor für vielfältige Entwicklungsstörungen. Das, was viele Erwachsene nicht vermuten, gilt in der Zwischenzeit als  wissenschaftlich belegt: der kausale Bezug von Bewegung und geistiger sowie psychisch-emotionaler und sozialer Entwicklung.

Foto-Credit © freepik