Bergen Schmerzmittel in der Schwangerschaft Gefahren?

Viele Schmerzmittel können in der Schwangerschaft zu Komplikationen führen, auch wenn sie rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind.

 

Wir empfehlen deshalb allen Schwangeren, so weit wie irgend möglich auf diese Arzneimittel zu verzichten und Schmerzen mit Allgemeinmaßnahmen zu bekämpfen“, erläutert Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte. Und falls doch wegen einer Erkrankung oder einer Verletzung Schmerzen auftreten, die so stark sind, dass Schmerzmittel angebracht sind, „dann ist es besser, wenn die schwangere Frau das zuerst mit ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt bespricht“.

Eines der beliebtesten Schmerzmittel ist Acetylsalicylsäure (ASS). ASS wird vor allem bei Kopfschmerzen und Fieber verwendet, wirkt aber auch häufig gut bei Menstruationsschmerzen oder nach leichten Verletzungen. Allerdings hemmt es die Blutgerinnung und führt deshalb zu erhöhtem Blutverlust bei Verletzungen und unter der Geburt. Bei Frühge- borenen, deren Mütter kurz vor der Geburt ASS eingenommen haben, finden sich häufiger Blutungen im Gehirn; bei einer Einnahme im letzten Schwangerschaftsdrittel kann es zu Herzfehlern beim Baby kommen, die später operiert werden müssen. Allerdings treten diese Blutungen und Herzfehler nur bei einer Einnahme als Schmerzmittel auf, mit Dosierungen von 500 mg pro Tag und darüber. In sehr geringer Dosis von 50 oder 100 mg pro Tag wird ASS sehr erfolgreich auch über einen längeren Zeitraum bei Schwangeren mit drohender Präeklampsie eingesetzt. Fehlbildungen des Embryos sind nach einer Einnahme von ASS in der Schwangerschaft nicht zu befürchten.

Das Schmerzmittel, das in der Schwangerschaft am häufigsten verwendet wird, ist Paracetamol. Es wirkt auch gut gegen Fieber, zum Beispiel bei einer Erkältung. Paracetamol hat keine negativen Auswirkungen auf die Schwanger- schaft und auf den Embryo, wenn es nur in Ausnahmefällen verwendet wird. Es gibt allerdings einige Untersuchungen, bei denen unter Kindern häufiger Asthma und andere Atemwegserkrankungen oder auch Verhaltensauffälligkeiten auftraten, wenn ihre Mütter in der Schwangerschaft Paracetamol über einen längeren Zeitraum – also über Wochen und Monate – eingenommen haben. „Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Auswirkungen wirklich auf das Paracetamol zurückzuführen sind oder vielleicht eher darauf, dass die Schwangeren über einen längeren Zeitraum Schmerzen hatten, die so stark waren, dass sie sie dauerhaft mit Schmerzmitteln bekämpfen mussten“, erläutert Dr. Albring. „Wir wissen aus den Studien wenig oder gar nichts über die Belastungen, die zu diesem wochen- und monatelangen Gebrauch von Paracetamol geführt haben. Trotzdem nehmen wir diese Hinweise sehr ernst. Auch Paracetamol sollte in der Schwangerschaft nur in Ausnahmefällen und so niedrig dosiert wie möglich eingenommen werden.“

Rezeptfrei erhältlich sind auch viele Arzneimittel aus dem Kreis der „nicht-steroidalen Entzündungshemmer“ (NSAID – non steroidal anti-inflammatory drugs). Hierzu zählen das schwächer wirksame Ibuprofen, Naproxen und das stärker wirkende Diclofenac. Von diesen Arzneimitteln ist bekannt, dass sie die Entwicklung von Eibläschen im Eierstock stören können. Sie sollten deshalb möglichst nicht eingenommen werden, wenn ein Kinderwunsch besteht; zumindest muss dann um die Tage des geplanten Eisprunges herum eine Medikamentenpause eingelegt werden.

In der ersten Hälfte der Schwangerschaft sind NSAID unproblematisch. Wenn diese Arzneimittel dagegen in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft eingenommen werden, so können sie bereits in geringer Dosierung beim Baby zu Herzfehlern und auch zu Nierenversagen führen. Alle NSAID sollten deshalb ab der 28. Schwangerschaftswoche vermieden werden; das gilt auch für die weit verbreiteten Diclofenac-haltigen Schmerzgele und -cremes. Wenn auf die Einnahme eines solchen Arzneimittels nicht verzichtet werden kann, zum Beispiel wenn eine Schwangere an einer rheumatischen Erkrankung leidet, dann werden per Ultraschall Herz und Kreislauf des Babys kontrolliert. Naproxen ist während der gesamten Schwangerschaft nicht erlaubt, weil nach Anwendung dieses Arzneimittels Kiefer-Gaumen-Spalten beobachtet wurden.

Es ist dringend empfehlenswert, so fasst der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte zusammen, dass Schwangere ihre Schmerzen immer zunächst einmal mit Allgemeinmaßnahmen bekämpfen – solange nicht wegen einer schweren, zu Grunde liegenden Erkrankung die ärztliche Verordnung von solchen Arzneimitteln unverzichtbar ist.

Zu den wichtigsten Allgemeinmaßnahmen gehören folgende:
> viel Ruhe, Schlaf, frische Luft und z.B. Pfefferminzöl bei Kopfschmerzen
>leichter Sport, Schwimmen, Spaziergänge und unterstützende Liegekissen bei Rückenschmerzen
>kühle Umschläge und Hochlegen bei Schmerzen nach leichten Verletzungen wie Prellungen oder Verstauchungen,
statt Schmerzgel aufzutragen.
>bei Erkältungen sollte das Fieber nicht „automatisch“ mit Fiebersenkern bekämpft werden, sondern es sollten dann
bei gesteigerter Flüssigkeitszufuhr mehrere Tage Schonung und Bettruhe eingeplant werden.

„In der Schwangerschaft werden die Weichen für Jahrzehnte gestellt“, so Christian Albring. „Mit einer gesunden, bewussten Lebensführung kann die Schwangere viel dazu beitragen, dass ihr Baby mit einer stabilen Gesundheit in sein eigenes Leben startet.“

Textquelle: Berufsverband der Frauenärzte (BVF) e.V.
www.bvf.de, www.frauenaerzte-im-netz.de