Kaiserschnitt: Eine Achterbahnfahrt der Gefühle

„Hallo kleiner Mann”, meine Worte, als sie mir das kleine Wesen im OP an mein Kopfende gehalten haben. Gespürt habe ich weder das  „wow-endlich bist du da”-Gefühl, noch habe ich eine Freudenträne geweint.

Für mich war fast 9 Monate klar, ich werde dieses Kind natürlich gebären. Geburtsvorbereitungskurs, Hypnobirthing, es wurden alle Vorbereitungen getroffen um, uns eine schöne Geburt zu ermöglichen. Ich war voller Vorfreude. Doch dann kam alles anders. „Wir empfehlen Ihnen einen Kaiserschnitt, der Kleine ist wirklich sehr sehr groß und schwer, Sie riskieren mit einer natürlichen Geburt starke Geburtsverletzungen”. Auf 4700 g wurde er geschätzt. Der Kopf auf 38 cm Umfang. Eine Welt brach zusammen. Ich fühle mich als Versagerin, weil ich es nicht aus eigenen Kräften schaffen kann. 

Freitagfrüh rolle ich in den OP. Die Vorfreude ist riesig – und das ist auch der einzige Grund warum ich absolut keine Angst habe. Eigentlich eine entspannte Geburt. So ganz ohne Wehen. Das waren jetzt meine Gedanken. Aber ich hatte keine Ahnung, was noch kommt.

Kind ist beim Papa, wird gewogen und untersucht. Ich spüre leicht, wie der Katheter gelegt wird und ich wieder zugenäht werde. Keine große Sache. „Ihr Mann nimmt den Kleinen jetzt mit und wartet auf Sie in Ihrem Zimmer.” Ernsthaft? Und ich? Was ist mit mir? Nach zwei Stunden im Aufwachraum durfte ich dann zu meinen Männern. Endlich. Wir beschnuppern uns und freunden uns an. Langsam. 

Die Narkose lässt nach, der Albtraum geht los. Blut läuft schwallartig aus mir heraus. Alle zwei Stunden „Bitte Windeln wechseln” – also bei mir.  Ich kann nicht aufstehen, geschweige denn mit meinem Kind kuscheln. Sobald er auf mir liegt, habe ich starke Schmerzen.  „Sie müssen heute aufstehen”, heißt es am Samstag. Allein das Aufsetzen hat mich meine ganze Kraft gekostet. Sobald ich stehe, schnaufe ich wie ein Walross. Mein Bauch hängt wie ein schwerer Fremdkörper, ein Sack Zement an mir dran. Es geht einfach nicht. „Morgen müssen Sie aber.” Wir haben Sonntag 23.30 Uhr. Ich fühle mich schmutzig. Ich bin am Ende. Ich rufe unter Tränen nach der Schwester. „Wenn du aufstehen willst, dann schaffen wir das jetzt gemeinsam”. Im Schneckentempo zum Bad. Katheter raus, ich wurde geduscht. Bett frisch bezogen. Ich bin einfach nur dankbar und fühle mich wie neugeboren. Ich habe es ge-schafft, ich bin aufgestanden. Ein Schritt Richtung Normalität. Zwei Tage später durften wir heim. Ein Tag länger als geplant. Aber was lässt sich schon planen – ab jetzt plant jemand anderes unser Leben.

Lea Wacker, ist 32 Jahre, lebt mit ihrer Teilzeit-Patchworkfamilie in München und ist Marketing Managerin und Head of Kinderwagen. Sie  liebt das Reisen mit dem Camper und ist ein totaler Familienmensch.

Erfahrungsbericht von Lea Wacker

Lea Wacker von www.kruemel-im-bett.de

Bilddaten ©Lea Wacker