Das Monster unter dem Bett – Alpträume bei Kindern

In vielen Kinderzimmern spielt sich in der zweiten Nachthälfte ähnliche Szenarien ab. Das Kind schreckt plötzlich aus dem Schlaf und ruft ängstlich nach Mama oder Papa.  Ein Monster unter dem Bett oder ein unheimlicher Verfolger haben aus einem zunächst schönen Traum einen Alptraum werden lassen.

Der Alptraum –  die wohl bekannteste Parasomnie

Der Begriff Parasomnie klingt sehr wissenschaftlich und fast ein wenig nach Krankheit, wenn man bedenkt, dass immerhin 75% aller Kinder im Verlauf ihrer Kindheit einen Alptraum hatten oder haben werden. Tatsächlich werden unter dem Begriff Parasomnie alle episodischen Unterbrechungen des Schlafs zusammengefasst, die durch ungewöhnliche körperliche Phänomene oder Verhaltensweisen entstehen.

Klingt immer noch nach Krankheit und tatsächlich werden Im internationalen Klassifikationssystem der Schlafstörungen die unterschiedlichen Arten von Schlafunterbrechungen genauer aufgeschlüsselt. Das System mit der offiziellen Bezeichnung „international classification system of sleep disorders“ (ICSD) wurde in den Siebziger Jahren in den USA entwickelt. Laut Definition im ICSD-2 sind Alpträume “Träume mit starken negative Emotionen, die zum Erwachen führen“. Es besteht jedoch kein Grund zur Sorge. Obwohl zwei Drittel der Kinder von gelegentlichen schlechten Träumen berichten, kommt es nur in 1,3 – 4% der Fälle zu immer wiederkehrenden Alpträumen.

„Bei Alpträumen ist es wichtig,
die Kinder ernst zu nehmen
und zu zuhören.

Erst ab dem Alter von ca. 5 Jahren
können das Konzept „Träumen“
verstehen.“

 

Eine Unterscheidung zwischen Alptraum und Nachtschreck

Im Kindesalter sehen sich viele Eltern mit zweierlei Phänomen konfrontiert. Auf der einen Seite der klassische Alptraum und auf der anderen Seite der sogenannte Nachtschreck (lat. Pavor nocturnus). Beide fallen zwar unter den Begriff Parasomnie, weisen aber mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten auf.

Der Alptraum tritt überwiegend in der zweiten Nachthälfte in Erscheinung und zählt somit zu den REM-Schlaf gebundenen Parasomnien. Die Abkürzung REM stammt aus dem Englischen „rapid eye movement“ und ist nach den schnellen Augenbewegungen, die in dieser Phase stattfinden, benannt. Die Bewegungen der Augen werden mit dem Träumen in Verbindung gebracht.

 

Wie können Mama und Papa bei einem Alptraum helfen?

Zuallererst ernst nehmen! Kinder verstehen das Konzept „Träumen“ erst mit zunehmendem Alter. Ab circa 5 Jahren bekommen sie eine leise Ahnung davon, dass Träumen im Kopf stattfindet. Das ganze Phänomen umreißen sie tatsächlich erst mit 10 Jahren. Sätze wie „das war doch nur ein Traum“ oder „da ist doch nichts. Geh einfach wieder ins Bett“ helfen nicht nur nicht, sondern zeigen dem Kind, dass seine Ängste nicht ernst genommen werden.

Für Kindern sind die Grenzen zwischen Realität und Traum fließend. Am besten helfen hierbei reale Maßnahmen. Es ist ratsam sich als Eltern die Zeit zu nehmen und sich gemeinsam mit dem Kind davon zu überzeugen, dass kein Monster im Schrank lauert. Ungebeten Gäste sollten bestimmt nach draußen gebeten und am besten persönlich zur Tür geleitet werden.

Fast jeder Erwachsenen kann sich mit Sicherheit an einen Alptraum und die damit verbundene Angst aus seiner Kindheit erinnern. Diese Traumangst verhindert ein schnelles Einschlafen. Umso wichtiger ist es Geborgenheit zu vermitteln.

Die Kinder sind nach dem Aufwachen schnell orientiert und können etwa ab etwa drei Jahren von dem Geträumten berichten.

Während der Alptraum zu den Durchschlafstörungen zählt, fällt der Nachtschreck unter die sogenannten Aufwachstörungen. In der ersten Nachthälfte, das Einschlafen ist meist noch gar nicht so lange her, werden die Eltern durch panische Schreie ihres Kindes aufgeschreckt. In den meisten Fällen sitzt das Kind mit angstgeweiteten Augen im Bett und schreit völlig hysterisch. Dem ersten Impuls folgend sprechen die Eltern das Kind an, das in der Regel in keinster Weise reagiert, da es nicht richtig wach ist und sich auch nicht wecken lässt. Für viele Eltern ist es schwer zu ertragen, dass sie ihrem augenscheinlich verängstigtem Kind nicht helfen können.

In der Regel ist der Spuk nach ungefähr 10 Minuten vorbei und die Kinder schlafen ruhig weiter. Der Nachtschreck wird mit dem traumärmeren Non-REM-Schlaf in Verbindung gebracht. Daher wird angenommen, dass er nicht aus einer vorangegangenen Traumepisode entsteht. Dafür spricht auch, dass sich die Kinder am nächsten Morgen an nichts mehr erinnern können und deshalb ist es auch besser, das Thema am Tag darauf nicht weiter zu thematisieren. So gewaltig der Nachtschreck auch daherkommt, er ist in aller Regel unbedenklich und verliert sich im Laufe der Kindheit. Meist leiden die Eltern mehr darunter als das Kind selbst. Neigt das Kind zum Nachtschreck ist es ratsam, die Schlafumgebung so abzusichern, dass sich das Kind in seiner nächtlichen Panik nicht verletzten kann.

 

Ein aus den USA stammender Ansatz ist die Imagery Rehearsal Therapy, die in den neunziger Jahren von dem Schlafforscher Barry Krakow entwickelt wurde. Ursprünglich war die Therapie zur Unterstützung bei immer wiederkehrenden Alpträumen bei Traumapatienten vorgesehen. Sie hilft aber auch bei Alpträumen, die ohne ersichtlichem Grund auftreten.

Die Therapie besteht aus drei Schritten. Im ersten Schritt wird der Traum relativ bald nach dem Erwachen aufgeschrieben und somit eine Art Konfrontation mit dem angstauslösenden Erlebnis herbeigeführt. Bei Kindern bewährt sich die Methode des Malens sehr gut.

Im zweiten Schritt werden die negativen Elemente so verändert, dass sie nicht mehr angsteinflößend sind. Beispielsweise können sich Kind und Eltern einen neuen positiven Ausgang des Traumes ausdenken. Sinnvoll ist es hierbei dem Kind die Führung zu überlassen.

In einem dritten Schritt stellt sich das Kind den umgeschriebenen Traum am besten über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen immer wieder vor. So werden die angstbesetzten Sequenzen des Alptraums solange von den positiven überschrieben bis der eigentliche Traum fast gänzlich verblasst.

Gelegentliche Alpträume sind völlig normal und treten im Laufe des Heranwachsens in der Regel immer mehr in den Hintergrund. Kommen sie jedoch gehäuft vor und geben Grund zur Sorge ist ein Gespräch mit dem Kinderarzt sinnvoll.

Vielen Dank für den Text von Autorin Tanja Pusic

Mehr von Tanja unter www.tantetilda.de